Titel: Der Buchspazierer
Autor: Carsten Henn
Verlag: Pendo; 26. Edition (2. November 2020)
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Es sind besondere Kunden, denen der Buchhändler Carl Kollhoff ihre bestellten Bücher nach Hause bringt, abends nach Geschäftsschluss, auf seinem Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Stadt. Diese Menschen sind für ihn fast wie Freunde, und er ist ihre wichtigste Verbindung zur Welt. Als Carl ein großer Schicksalsschlag widerfährt, stellt sich die Frage, ob er durch die Macht der Bücher und mit der Hilfe eines ebenso klugen wie vorlauten Mädchens sein Glück wiederfinden kann.
Keywords: Buchliebe, jung und alt, Buchhandlung, Melancholie
Zunächst begann das Buch für mich schleppend. Es brauchte etwas, um die Atmosphäre des älteren Herren, den Buchspazierer Carl aufzubauen. Doch durchhalten lohnt sich. Irgendwann ist man komplett drin, komplett in seiner Routine durch die Stadt, stets die gleichen Straßen entlang spazierend und die identischen Menschen besuchend, um die bestellten Bücher abzuliefern. All diesen Menschen hat Carl passende Namen von Charakteren aus Büchern zugeordnet, die er irgendwie mit ihnen verbindet.
Nachdem die Atmosphäre einmal aufgebaut ist, geht es auch flüssig weiter, insbesondere ab dem Moment als Schascha auftritt. Ein aufgewecktes Mädchen, dass ihn wie selbstverständlich bei seinen Touren begleitet. Erst ist Carl gar nicht angetan, behindert sie doch seine geliebten Routinen, doch nach und nach freut er sich regelrecht darauf sie zu sehen und mit ihr gemeinsam auf den Buchspaziergang zu gehen.
Die Charaktere in diesem Buch sind spitze, allesamt toll ausgearbeitet mit ihren individuellen Höhen und Tiefen. Die Hauptperson Carl hat es mir am meisten angetan. Ich mochte es, dass er mit dem zufrieden ist, was er hat. Er liebt seine Buchspaziergänge, sie geben ihm so viel. Auch wenn er dadurch manchmal festzuhängen scheint in seinem Alltag hat es doch etwas beruhigendes und erstrebenswertes an sich. Und obwohl er auf mich diese Ruhe ausgestrahlt hat, ging es dennoch mit Traurigkeit einher. Es wirkt, als hat er wirklich nur seine Bücher im Leben, die Spaziergänge, bei denen er regelmäßig nette Gespräche mit seinen Kunden führt. Gerade als einmal erwähnt wird, dass er sich seine Wohnung damals so ausgesucht hat, dass später einmal Platz für ihn und seine Frau sowie zwei Kinder ist. Das hat sich dann aber nie ergeben und so wohnt er in einer großen Wohnung mit viel Platz für Büchern. Doch ihm scheint das nichts auszumachen, er ist zufrieden, ruht die meiste Zeit in sich.
Zwei Charaktere spiegeln eher die Unzufriedenheit vieler Menschen wider. Da haben wir Sabine Gruber, sie hat die Buchhandlung, für die Carl die Bücher ausliefert, von ihrem Vater geerbt. So richtig glücklich scheint sie mit ihrem Leben aber nicht zu sein. Sie erfährt von niemanden Anerkennung, trifft Entscheidungen, die niemand wirklich nachvollziehen kann und hat das Gefühl es ihrem Vater nie recht gemacht zu haben. Und dann gibt es noch den Vater des kleinen Mädchens Schascha. Er ist eifersüchtig darauf, dass Carl so viel Zeit mit seiner Tochter verbringt und hat seine Gefühle nicht gut unter Kontrolle.
Mit ihm hängt dann auch das Ende des Buches zusammen. Die Auflösung der Geschichte ist meiner Meinung nach nicht geglückt. Ich möchte jetzt aus Spoilergründen nicht exakt schreiben, was passiert ist aber die Art und Weise, wie der Autor das Ganze verpackt hat ist einfach unglaubwürdig und gibt dem Buch nicht das Ende, was es verdient hat.
Insgesamt hat mich dieser kurze Roman jedoch gut unterhalten. Wer Bücher lesen liebt, kann das Buch praktisch gar nicht nicht mögen. Wahre Bücherliebe von der ersten bis zur letzten Seite gepaart mit ein wenig Sinn des Lebens.
Meine Bewertung zum Buch:
Story
Originalität
Spannung
Überraschungseffekt
Schreibstil
Weiterempfehlung
Gesamt